Gefühle, Bedürfnisse, Sehnsüchte

Eine der wunderbarsten Empfindungen ist für mich die Gewissheit, auf meinem Lebensweg zu sein, das getan zu haben, wofür ich hier bin. Um meinen Lebensweg zu erkennen und auf ihm zu bleiben habe ich meine ursprünglichsten Sehnsüchte, Bedürfnisse und Gefühle. Meine Sehnsüchte weisen mir meine Richtung, meine Bedürfnisse den nächsten Schritt und meine Gefühle überprüfen den Schritt, den ich gehen will. Damit ich mich so leiten lassen kann, brauche ich nur lernen, meine tiefsten, innersten Empfindungen wahrzunehmen. Erst wenn ich alles abgelegt habe, was mir zum Beispiel die Erziehung, die Konvention, die Wirtschaft oder die Medien an künstlichen Sehnsüchten, Bedürfnissen und Gefühlen aufgebürdet haben, ist es mir möglich, meine ureigensten Wegweiser wahrzunehmen.

Krankheit

Weiche ich von meinem Lebensweg ab und höre über längere Zeit nicht auf die Zeichen aus meinem Inneren, dann beginnt mein Körper mich darauf aufmerksam zu machen und mich zu warnen. Er tut dies durch Krankheiten. Jede Krankheit will mir etwas sagen. Und ich habe die Chance, mich diesen Botschaften zu öffnen.

Wut

Die Wut ist eine enorme Kraft und es liegt an mir, ob ich sie für mich nutze, ob ich sie vergeude, oder ob ich sie gar gegen mich richte. Wenn ich sie hinunterschlucke, dann richte ich sie gegen mich, weil sie mich von innen her verzehrt. Wenn ich sie auf meine Mitmenschen werfe, dann vergeude ich sie oder sie bewirkt sogar, dass meine Situation für mich noch unangenehmer wird. Wenn ich sie aber als meinen Freund begrüße und sie darum bitte, mir mitzuteilen, warum sie da ist, dann kann ich ihre Energie für mich verwenden, als Unterstützung genau da, wo mir die Kraft fehlt.

Suchen und Finden

Tagtäglich fahren hunderte Autos an uns vorüber. Jedes einzelne können wir kaum mehr sehen. Wenn ich mich nun beispielsweise mit dem Gedanken spiele, mir ein grasgrünes Auto zu kaufen, dann fallen mir auf einmal alle grasgrünen Fahrzeuge auf, die mit dem Verkehrsstrom an mir vorüber ziehen. Das geschieht ganz von selbst, ohne dass ich extra danach suche. Wenn ich mich gedanklich mit etwas befasse, dann nehme ich auf einmal alles was ähnlich ist wahr, ich erkenne es aus der Menge von Eindrücken, die auf mich einströmen. 'Wer suchet der findet' ist eine alte Weisheit. Wenn ich mich mit der Freude befasse, nach der Freude suche, dann entdecke ich plötzlich wie von selbst unzählige Anlässe, mich zu freuen. Nachdem in meiner Entscheidung liegt, wonach ich suche, liegt auch in meiner Hand, was ich finde. Ich entscheide mich dazu, in Freude zu leben.

Leid hat Sinn

Ich durfte in meinem Leben erkennen, dass Leid immer einen Sinn hat. Im Nachhinein hat sich immer noch herausgestellt, dass Leid zu etwas gut war. Selbst Menschen nach schweren Unfällen hörte ich diese Ansicht äußern. So durfte ich lernen, mich in Momenten des Schmerzes auch daran zu erinnern und darauf zu vertrauen, dass auch das gegenwärtige Leid einen Sinn hat. Diesen erkenne ich zwar in genau dem Moment nicht, aber ich werde ihn zu einem anderen Zeitpunkt entdecken. So lebe ich heute in dem Bewusstsein, dass das Leben stets bestens für mich sorgt. Und ich vertraue darauf. Alles ist gut.

Richtig und Falsch, Gut und Schlecht

Wir leben in einer Kultur, die sich zu einer Reihe von Grundwerten als Basis für das Miteinander bekennt. In unseren Gesetzen stehen viele Taten aufgelistet, die wir ablehnen und daher auch unter Strafandrohung stellen. Dann gibt es da noch ein unendlich großes Feld von Verhaltensweisen, die nirgendwo festgeschrieben sind. Was ist richtig? Was ist falsch? Ich habe erfahren, dass es für die meisten Handlungen keine allgemeingültige Bewertung gibt. Etwas, was ich immer abgelehnt hatte, stellte sich dann in einer konkreten Situation plötzlich als die richtige Tat heraus. Ein Verhalten, dass in meinen Augen das passende ist, kann aus dem Blickwinkel eines anderen Menschen als völlig gefehlt erscheinen. Was ist der wahre Maßstab für richtig oder falsch? Ich habe meinen Maßstab in meinem Innersten gefunden. Nicht die Tat steht da zur Beurteilung, sondern die Motivation, der Antrieb dazu. Handle ich aus einer liebenden Haltung heraus? Habe ich ein gutes Gefühl bei dem Schritt, hält er mich auf 'meinem Weg'? Handle ich wohligen Gewissens, weil ich das in meinem tiefen Inneren will, nicht weil ich 'muss'? Kann ich im Nachhinein für meine Tat vor mir gerade und aufrecht stehen? Da, wo auch das bekanntere 'schlechte Gewissen' zu Hause ist, da gibt es auch die Innere Stimme, die mir meinen Weg weist. Sie ist nicht sehr laut und oft von Klischees, Normen und künstlich erzeugten Bedürfnissen verdeckt. Aber sie ist da und durch Wege der Einkehr oder Meditation können wir wieder lernen, sie wahrzunehmen.

Bitten

Zu all meinen Beziehungen gehört immer die Helligkeit und genauso die Dunkelheit. In einem Moment, in dem das Verhalten meines Partners mir unangnehm ist, oder mir vielleicht auch Schmerz bereitet, erzähle ich meinem Partner von meinen Empfindungen. Woher soll er sie sonst kennen? Und dann bitte ich ihn, sein Verhalten zu verändern. Er wird dies tun, soweit es ihm möglich ist. Was ihm nicht möglich ist, werde ich akzeptieren. Ich mache mich dann auf die Suche nach dem, was ich selbst verändern kann, um meine Situation zu verbessern. Das Bitten ist so eine Kostbarkeit im Umgang mit all meinen Mitmenschen. Und doch ist sie so selten geworden. Wie viel leichter fällt uns allen, einem Mitmenschen einen Vorwurf zu machen, als ihn zu bitten? 'Kannst Du nicht aufstehen?' ist in der vollen Bahn viel eher zu hören als 'Bitte überlasse mir Deinen Platz weil mir das Stehen so schwer fällt'. Sind wir uns das Erbetene selbst nicht wert? Fällt uns beim Bitten ein Stein aus der Krone oder fürchten wir, dass dies passiert? Ich weiß, dass nichts dergleichen eintritt. Es tut gut, mir und meinem Gegenüber, wenn ich die Brücke genannt 'Bitte' errichte.

Eigenverantwortlich leben

Ich habe die Worte 'soll' und 'muss' aus meinem Leben gestrichen. Wer ist es denn, der sagt 'ich muss'? Das bin nur ich selbst. Eigenverantwortlich leben heißt für mich, in dem Bewusstsein zu leben, dass jeder Schritt durch meine Entscheidung so gesetzt ist, wie er ist. Dann weiß ich auch, dass jede Folge eine Konsequenz meiner Entscheidung ist. Und so bereitet mir kein Ereignis oder Zustand mehr Schmerzen, weil ich mich so hilflos ausgeliefert fühle. Ein Mann, der sich am Morgen in Anzug und Krawatte zwängt, kann dies tun in der Meinung, er muss. Oder er entscheidet sich bewusst dafür, weil er sich nicht mit Jeans und T-Shirt unnötige Hürden bei seinen Geschäftspartnern bauen will. Beide Denkweisen haben die gleiche Tat zur Folge. Aber ich weiß, dass im zweiten Weg das Tragen der Krawatte nicht lästig sein wird.